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Samira Langer-Lorenzani über Achtsamkeit und Meditation als Techniken zur Stressbewältigung und Traumabewältigung

Samira Langer-Lorenzani ist Kinder- und Jugendpädagogin, die sich besonders darauf spezialisiert hat, junge Menschen zu begleiten, deren Entwicklung durch traumatische Erlebnisse beeinträchtigt wurde. Dabei legt sie großen Wert auf die Einbindung der gesamten Familie, um einen unterstützenden Rahmen zu schaffen, der eine langfristige Heilung fördert und eine nachhaltige Erholung möglich macht.

Achtsamkeit und Meditation sind kraftvolle Werkzeuge, um mit Stress und traumatischen Erfahrungen umzugehen, die in unserer hektischen Welt für viele Menschen zur täglichen Herausforderung werden. Als etablierte Ansätze in der modernen Therapie und als persönliche Selbsthilfemethoden bieten sie Betroffenen Wege, innere Ruhe und Stabilität zu finden und schwierige Erlebnisse zu verarbeiten.

Auch in der Traumatherapie für Kinder und Jugendliche spielen Achtsamkeit und Meditation eine zunehmend wichtige Rolle, da sie jungen Menschen helfen, mit belastenden Erinnerungen und schwierigen Emotionen umzugehen. Da Kinder oft noch nicht die gleichen sprachlichen und analytischen Fähigkeiten wie Erwachsene besitzen, um ihre Gefühle auszudrücken, bieten achtsame Übungen eine nonverbale Möglichkeit, um inneren Stress abzubauen und ein Gefühl der Sicherheit und Selbstkontrolle zu entwickeln. Methoden wie das bewusste Atmen, achtsame Körperwahrnehmung und das Fokussieren auf beruhigende Sinneseindrücke sind besonders wirkungsvoll, da sie leicht erlernbar und altersgerecht angepasst werden können.

Achtsamkeit hilft jungen Menschen, eine „innere Zuflucht“ zu schaffen, in die sie sich in schwierigen Momenten zurückziehen können. So lernen Kinder und Jugendliche, sich als distanzierte Beobachter ihrer Gedanken und Gefühle wahrzunehmen, was ihnen erlaubt, diese mit weniger Angst und mehr Gelassenheit zu betrachten. Dies kann ihnen dabei helfen, Gefühle der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins zu reduzieren und Schritt für Schritt ein stärkeres Selbstgefühl und Vertrauen in ihre eigene Resilienz aufzubauen.

Der Kern der Achtsamkeit

Achtsamkeit bedeutet, den gegenwärtigen Moment aufmerksam und ohne Urteil wahrzunehmen. Diese Praxis lädt uns ein, Gedanken, Gefühle und Sinneswahrnehmungen zu beobachten, ohne in ihnen zu versinken oder sie zu bewerten. Für Menschen, die an Stress oder Traumafolgestörungen leiden, ist Achtsamkeit ein wichtiger Schritt, um Abstand zu den eigenen Gedanken und Emotionen zu gewinnen und eine gewisse Distanz einzunehmen. Indem wir uns bewusst auf das Hier und Jetzt konzentrieren, wird der Geist ruhiger und geordneter, was eine wertvolle Grundlage für die persönliche Stabilisierung und emotionale Beruhigung bildet.

Achtsamkeit als Werkzeug in der Traumatherapie

In der Traumatherapie hat Achtsamkeit einen festen Platz. Sie dient oft als sogenanntes „Grounding“, also als Mittel zur Erdung und Beruhigung in akuten emotionalen Momenten. Durch gezielte Wahrnehmung der Umgebung – zum Beispiel durch das Spüren des Bodens unter den Füßen oder das Beobachten der eigenen Atmung – können sich Betroffene bei Bedarf in die Realität zurückholen. Diese Technik hilft dabei, sich zu verankern und eine Stabilität zu finden, die von belastenden Erinnerungen oder Gefühlen unabhängig ist.

Emotionale Regulation und Reflexion

Achtsamkeit unterstützt aber nicht nur das „Grounding“, sondern auch die Regulierung von Gefühlen und die Selbstreflexion. Durch einen achtsamen Fokus nach innen können Menschen erkennen, wie bestimmte Gedankenmuster oder Gefühle in stressigen oder traumatischen Situationen auftreten. Dieser Prozess ermöglicht es ihnen, sich ihren Emotionen nicht passiv ausgeliefert zu fühlen, sondern sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen. Die bewusste Selbstreflexion führt zu einem besseren Verständnis der eigenen Emotionen und bietet eine Grundlage für mehr Selbstakzeptanz und Gelassenheit.

Die Rolle des „distanzierten Beobachters“

Ein weiteres Element der Achtsamkeit ist die Perspektive des „distanzierten Beobachters“. In der Achtsamkeitspraxis lernen Menschen, ihre eigenen Erlebnisse und Gedanken so zu betrachten, als würden sie sie von außen beobachten. Diese Fähigkeit ist in der Traumatherapie besonders wertvoll, da sie es Betroffenen ermöglicht, ihre Erfahrungen aus einem sicheren Abstand zu betrachten, anstatt von ihnen überwältigt zu werden. Der distanzierte Beobachter schafft Raum für neue Perspektiven und erlaubt es, schwierige Emotionen und Erinnerungen ohne unmittelbare emotionale Reaktion zu betrachten, was zu einer weniger belastenden Verarbeitung führt.

Meditation als Vertiefung der Achtsamkeit

Meditation ist eine Praxis, die Achtsamkeit vertieft und auf lange Sicht stärkt. Regelmäßige Meditation hat zahlreiche positive Effekte auf die mentale und emotionale Gesundheit. Sie reduziert Stress, verbessert die Konzentration und fördert das Wohlbefinden. Für Menschen, die mit Traumata umgehen, kann Meditation helfen, emotionale Spannungen zu reduzieren und eine tiefere innere Ruhe zu finden. Durch das regelmäßige Meditieren entwickelt sich die Fähigkeit, mit aufsteigenden Emotionen und Gedanken klar und ruhig umzugehen.

Verschiedene Meditationsansätze zur Stressbewältigung und Traumabewältigung

Es gibt zahlreiche Meditationsansätze, die bei der Stress- und Traumabewältigung hilfreich sind. Die „Atemmeditation“ beispielsweise lenkt die Aufmerksamkeit auf den Atem und hilft, sich in stressigen Situationen zu beruhigen. Eine andere Methode ist die „Body-Scan-Meditation“, bei der das Bewusstsein nacheinander durch alle Körperteile geleitet wird. Dies ermöglicht eine körperliche Entspannung und hilft, Spannungen loszulassen. Für Menschen mit Traumaerfahrungen bietet die „Mitgefühlsmeditation“ eine besonders sanfte Methode. Hierbei wird eine liebevolle und mitfühlende Haltung sich selbst gegenüber kultiviert, was das Selbstwertgefühl stärkt und die Fähigkeit zur Selbstakzeptanz fördert.

Achtsamkeit und Meditation im Alltag integrieren

Damit Achtsamkeit und Meditation langfristige Wirkung zeigen, ist es wichtig, sie regelmäßig und konsequent zu üben. Viele Menschen beginnen ihren Tag mit wenigen Minuten Meditation, was ihnen hilft, den Tag ruhig und konzentriert zu starten. Auch kurze Achtsamkeitsübungen, die zwischendurch im Alltag durchgeführt werden können – wie das bewusste Ein- und Ausatmen oder das Spüren des eigenen Körpers – tragen zur emotionalen Stabilität bei. Durch kleine, aber regelmäßige Übungen wird Achtsamkeit allmählich zu einem festen Bestandteil des Lebens, der hilft, Herausforderungen besser zu meistern.

Achtsamkeit und Meditation sind mehr als bloße Techniken zur Stressreduktion. Sie fördern eine tiefere Verbindung zu sich selbst und bieten Wege, mit schwierigen Emotionen und Erinnerungen auf eine heilsame Art und Weise umzugehen. In einer Zeit, in der Stress und Überforderung viele Menschen begleiten, stellen diese Ansätze wertvolle Instrumente dar, um Resilienz zu entwickeln, den eigenen Alltag bewusster zu gestalten und Schritte in Richtung Heilung und innerer Balance zu gehen.


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