Last updated on 22. April 2022
Die Immobilienbranche wie auch die Kommunen stehen vor großen Herausforderungen. Um der Nachfrage, der Preisentwicklung und der generellen Situation der deutschen Ballungsgebiete Herr zu werden, gibt es eine Reihe unterschiedlicher Konzepte. Nicht alle davon dürften Erfolge nach sich ziehen.
Das urbane Leben hat sich nicht erst seit der Corona-Pandemie verändert, sondern befindet sich seit Jahren im Wandel: Der stationäre Handel hat durch immer mehr Online-Angebote an Attraktivität verloren, so dass beispielsweise die Zeit der großen Warenhäuser endgültig vorbei zu sein scheint. Zudem hat die Ausweitung von Home-Office zu weniger Berufspendlern geführt. Gastronomie, Hotelgewerbe und Kulturarbeit wurden zudem durch die Coronakrise in gefährliche Schieflagen gebracht. All das sind Faktoren haben einen starken Einfluss auf die deutsche Innenstadtentwicklung, so dass auch in Ballungsgebieten der Leerstand wächst.
Nachfrage nach Wohnraum in Darmstadt ungebremst
Entsprechend sind die Kaufpreise für Immobilien in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Die Nachfrage nach Wohnraum dürfte sich in naher Zukunft kaum verringern. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu dem Schluss, dass pro Jahr mehr als 300.000 Wohnungen bebaut werden müssten, um den bestehenden Wohnungsbedarf zu decken. Insbesondere in Großstädten wird generell viel zu wenig gebaut oder saniert. Insbesondere Darmstadt ist ein Beispiel für die aktuelle Entwicklung des Immobilienmarktes: Seit Jahren zieht die Stadt immer mehr Menschen an. Die Infrastruktur ist hervorragend, die Lebensqualität ist überdurchschnittlich hoch. Hoch ist allerdings auch der Mietspiegel und ebenso der der Mangel an Wohnraum. Seit 2016 stiegen die Mieten im Schnitt um 16 Prozent. Angesichts steigender Baukosten dürfte sich die Situation in naher Zukunft nicht entspannen.
Maßnahmen von Bund und Ländern
Auch Bund, Länder und Kommunen haben den Ernst der Lage erkannt und versuchen mit unterschiedlichen Maßnahmen die Entwicklung zu beeinflussen. Das neue hessische Landesprogramm ‚Zukunft Innenstadt‘ vergibt an 110 Städte und Gemeinden insgesamt 27 Millionen Euro Fördergelder. Damit soll die Belebung der Stadtzentren und Ortskerne vorangetrieben werden. Die ursprünglichen Mittel wurden wegen großer Nachfrage verdoppelt wurden, was einen Eindruck der Lage vermittelt, in der sich Kommunen aktuell befinden.
Vergessen wird dabei allerdings oft, dass es einen weiteren hausgemachten Faktor gibt, der die Entwicklung befeuert: Die Kommunen tun sich seit Jahren schwer damit, der individuellen Projektplanung entgegenzukommen und den Markt für Investoren zu öffnen. Das wäre auch ein Mittel, um den Leerstand in Innenstädten zu bekämpfen. Um die Innenstädte nachhaltig attraktiver zu gestalten, sollten die Kommunen allerdings nicht allein auf die Hilfe durch den Bund setzen. Auch Zwangsmaßnahmen wie die Mietpreisbremse mögen zwar den Teuerungen einen Riegel vorschieben. Sie lösen aber sicher nicht das Platzproblem. Im Gegenteil: Durch attraktivere Preise werden wenige Immobilien auf noch mehr Bürger verteilt. Die Gesetze sind zwar gut gemeint, reichen aber nicht bis zum Kern der Angelegenheit.
Anreize für die Wirtschaft schaffen
Innovationen können bessere Ergebnisse erzielen als Verbote oder Auflagen. Deshalb kommt es darauf an, Anreize für eine progressive Immobilienentwicklung zu setzen. Das kann allein schon dadurch geschehen, dass die Hürden für Sanierungen nicht mehr so rigoros gehalten werden. Kurz gesagt: Die Gemeinde muss sich (auch) dem Markt öffnen, um der Entwicklung Herr zu werden. Konkret heißt das: Die Stadt sollte mehr Baugenehmigungen erteilen und müssen sich auch mit unkonventionelleren Ideen auseinandersetzen. Ohne eine Verdichtung der Innenstädte wird man die Wohnraumsituation nicht in den Griff bekommen.
Orte der Vernetzung
Moderne Innenstädte sind Orte der Vernetzung. Entsprechend ist die Mischnutzung von Immobilien ein Konzept, das der aktuellen Lage entgegenkommt. Bau- und Sanierungsmaßnahmen, um weniger beliebte Viertel aufzuwerten, sind nicht nur ein nützliches Instrument zur Verbesserung der Lebensqualität, sondern unterstützen auch eine gleichmäßige Verteilung des vorhandenen Wohnraums. Angesichts des allgegenwärtigen Trends zu mehr Nachhaltigkeit ist es ohnehin notwendig, vorhandene Gebäude zu sanieren und im Zweifelsfall auch neue zu errichten. In diesem Zusammenhang dürfte auch eine verbesserte Raumnutzung bei Planung und Durchführung berücksichtigt werden.
Über Dogan Gülsen Projektentwickler & Immobilien-CEO aus Darmstadt (DCE Real Estate)
Nach einem Studium der Betriebsökonomie an der Zürcher GSBA und einem Master of Science im Bereich Management und Finance war Gülsen zunächst im Logistik-Bereich tätig. Mit einem Abschluss als Real Estate Asset Manager an der International Real Estate-Business School verlagerte sich Gülsens Arbeitsschwerpunkt ab 2003 auf die Bereiche Immobilien, Asset-Management und Projektentwicklung.
Gülsen ist Gründer und Geschäftsführer der DCE Real Estate, die sich auf Projektentwicklung und Projektmanagement hochrangiger Büro-, Gewerbe- und Wohnimmobilien im Rhein-Main-Gebiet spezialisiert.
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